Schwarzes Gold – Scottish black pudding

Zu einem kompletten (full breakfast) Frühstück gehört in manchen Gegenden Englands (Yorkshire, Lancashire), in Schottland und vor allem in Irland der black pudding – eine gebratene Blutwurst. Zur Historie und Kontroverse (geliebt oder gehasst) des black pudding findet man hier ein Essay der English Breakfast Society (english). Nicht fehlen darf der Hinweis auf die jährliche black-pudding-Weitwurf-Meisterschaft in der Stadt Ramsbottom (Namensursprung: Tal der Hammel, NICHT Hammelhintern) in Lancashire (heute Bezirk Greater Manchester). 

Das erscheint einem Deutschen erst einmal merkwürdig. Allerdings ist der black pudding weniger eine klassische (deutsche) Rotwurst, sondern besser mit dem vergleichbar, was in meiner alten Heimat Pannhas oder Möpkenbrot, in meiner neuen Heimat roter Pfannenschlag oder roter Knipp heißt. Letztendlich ist es eine Grützwurst, die beim Schlachten entstanden ist, und in der die schnell verderblich (Blut) und die billigen Teile des Tieres (Kopffleisch, Schwarten, Talg) und die anfallende Wurstbrühe verwertet wurden. Welche Stärke (Grütze) zum Binden benutzt wird, ist von der Region abhängig. Im Rheinland und Westphalen nimmt man häufig Buchweizenmehl und fügt manchmal gekochte Graupen (Gerste) hinzu. In Niedersachsen bevorzugt man Hafergrütze (wie auch in England, Schottland und Irland). Ähnliche „Blutgrützwürste“ findet man weltweit: In Skandinavien mit Roggenmehl, in Asien und der Karibik mit Reis als Stärkezusatz. In Finnland ist Veripalttu ein eng verwandtes Gericht aus Blut (Rentier – heute eher Rind und Schwein), Roggenmehl, Fett und Gewürzen, dass aufgrund seines Nährwertes und Eisengehaltes vor ein paar Dekaden im Norden des Landes als Schulessen für Kinder festgeschrieben wurde. Allerdings wird Veripalttu gebacken, wie ein Kuchen oder eine Terrine und nicht in Därme gefüllt. Noch ein weitläufiger Verwandter gefällig? Auf den Färöer-Inseln gibt es einen black pudding aus Schafblut, der mit weißem Pfeffer, Ingwer, Zimt und Zucker (manchmal auch Rosinen) gewürzt und mit Roggenmehl und Haferflocken gebunden und schließlich im Schafsmagen (wie ein schottisches Haggis) gegart wird. Man kann aus dem rohen Blutteig allerdings auch Pfannkuchen backen und sie mit viel Zucker bestreut am Schlachttag essen. Der Name des ganzen? Slátur (ausgesprochen slau:tər, wie das britische Wort „slaughter“ für „schlachten“).

Auch wenn man sich heute vielleicht scheut, so ein Monster zum Frühstück zu vertilgen – früher war das sicher ein perfekter Start in einen Tag mit harter, körperlicher Arbeit – eben mit viel Fett, Protein und Kohlehydraten. Aber auch heute finde ich das einen perfekten Start in einen Tag, wenn man an der Nordwestküste Schottlands in den Bergen wandern möchte und abends erst wieder im Hotel ist. Die beste Kombination aus (sehr gutem) black pudding und pochierten Eiern habe ich im Myrtle Bank Hotel in Gairloch mit Blick auf die inneren Hebriden genossen. Die Gegend ist hervorragend zum Bergwandern mit Blick auf eine wunderschöne Küste geeignet und auch bei Kletterern beliebt. Und hier stoßen wir bei meine Liebe zu Schottland und dem entsprechenden Frühstück an eine Grenze: Außerhalb Schottlands ist schottischer black pudding sehr schwer zu bekommen. Solange es den Brexit noch nicht gibt, kann man black pudding und Stornoway black pudding über den online-shop der Campbells Prime Meat Ltd. Metzgerei nahe Edinburgh beziehen – die Versandkosten sind allerdings recht hoch. 

Stornoway black pudding ist der Purist unter den schottischen Delikatessen: Er wird im Örtchen Stornoway auf der Isle of Lewis, einer Insel der Äußeren Hebriden, vor der schottischen Westküste hergestellt. Traditionell enthält er nur Schweineblut, Rindertalg, Hafergrütze, Zwiebeln und Gewürze. Das Problem ist: Wenn man ihn nur kurz übergart (also zu lange in der Pfanne lässt) wird er trocken. So ist das mit Puristen – im Umgang manchmal nicht einfach. Optimal ist der fertige black pudding außen knusprig und innen weich und saftig. Am Günstigsten enthält der fertige pudding etwa 1/8 der Gesamtmasse trockene Stärke (z.B. Hafergrütze), maximal 15% (eigene Erfahrung, bzw. Vorliebe). Wie bei jeder Wurst ist der Fettanteil wichtig: Er sollte zwischen 20 und 30% der Gesamtmasse liegen. Damit ist der black pudding auch nicht fetter, als ein Wiener Würstchen. Meiner Meinung nach macht Schweinefett den black pudding weicher, als Rindertalg. Aber das ist Geschmackssache.

Das charakteristische Gewürz eines schottischen black pudding ist Piment (allspice) und dazu Pfeffer. Unterstützt wird dies durch eine kräftige Portion Koriander und weiteren Gewürzen, wie Ingwer, Senf, Nelken, Zimt, Cayenne, Thymian und Majoran. Vom Majoran darfs ein bisschen mehr sein. Um eine Bindung der Wurst zu erhalten, müssen alle Zutaten eiskalt sein, wenn sie durch den Wolf gedreht und vermengt werden. Auf der anderen Seite darf der in Därme gefüllte, rohe black pudding nicht zu heiß gebrüht werden – sonst wird das Blut krümelig und die Wurst sieht aus wie Kaffeesatz. Eine optimale Temperatur liegt zwischen 71 und 75°C. Anschließend muss er aus Hygienegründen rasch abgekühlt werden. Das erledigt man am besten im Eiswasser. 

Hier nun ein paar wichtige (unumgängliche) Worte zur Hygiene: 75°C reichen nicht aus, um schädliche Bakterien sicher zu töten. Man gelangt (wie beim Pasteurisieren) nur zu einer Keimreduktion. Bei einer Stunde Garzeit bei 70°C ist bei guter Küchenhygiene das fertige Produkt eigentlich sicher – es muss nur schnell abgekühlt werden, damit verbliebene Keime sich nicht wieder vermehren können. Schottischer black pudding wird nicht mit Nitrit gepökelt. Nitrit tötet den Erreger C. botulinum ab, der das Botulinum Toxin bildet – früher eine häufige Ursache für eine lebensbedrohliche Fleischvergiftung, Botulismus (weil der Erreger fast überall vorkommt und in Erde beispielsweise sehr lange überleben kann). Für die Herstellung des eigenen black pudding sollten also nur Produkte von höchster hygienischer Qualität verwendet werden. Der Autor dieses Blogs lehnt die Verantwortung für gesundheitliche Folgen nach Verwendung des Rezeptes unter allen Umständen ab: Das Nachkochen geschieht in eigener Verantwortung. Botulinum Toxin wird bei über 80°C übrigens inaktiviert und kann unter 5°C nicht von den Bakterien hergestellt werden. Daher sind die in Deutschland gemeldeten Fälle sehr sehr selten. Die Toxine von Staphylokokken hingegen sind äußerst hitzestabil und sehr sehr unangenehm (dafür nicht tödlich): Nur wenige Stunden nach Aufnahme explodiert man quasi auf beiden Seiten des Magen-Darm-Traktes. Gute Küchenhygiene bei Fleisch, Fisch und Geflügel zahlt sich aus!

Gewürze, Kräuter und Salz für insgesamt 2 kg:
4,0 g Piment
4,0 g schwarzer Pfeffer
3,0 g Koriander gemahlen
1,0 g weißer Pfeffer
1,0 g Ingwerpulver
0,5 g gemahlene Nelken
0,5 g Quarte epice
0,5 g Thymianpulver
0,5 g Macispulver
0,5 g Paprika rosenscharf
1 TL Colmans Senfpulver
2 geh. EL Majoran, gerebbelt
50g (ca. 3 EL) Zwiebelgranulat 
1 TL brauner Zucker
34g Salz

Weitere Zutaten:
1 Liter Schweineblut
500g fetter Schweinenacken, am besten Iberico
250g Multikorn Flocken, grob im Mixer zerbröselt, über Nacht mit 250 ml kaltem Wasser eingeweicht
Kranzdarm vom Rind

Küchengeräte:
Waage
Gewürzwaage (auf 0,1g genau)
Fleischwolf, vorgekühlt
Großer Trichter
Essstäbchen
Wurstgarn
Thermometer

Zubereitung:
Etwa 6 Stunden vorher die Multikorn Flocken im Mixer grob zerkleinern und im kalten Wasser einweichen. Das Schweinefleisch würfeln und anfrieren lassen. Wenn man (wie ich) Blutpulver verwendet, das Blutpulver mit körperwarmen Wasser anrühren und dann auf 4°C abkühlen lassen. Die Därme aus dem Salz nehmen, abspülen und ca. 30 Minuten in warmen Wasser einweichen. Das Wasser mehrfach wechseln. Gewürze und Kräuter mischen.

Das Schweinefleisch durch die mittlere Scheibe wolfen und nochmals kaltstellen. Blut, Fleisch, Gewürze, Kräuter, Zwiebelgranulat, Zucker und Gretreide mit Einweichflüssigkeit vermischen. Masse wiegen. 1,8% Salz zufügen (müsste etwa 34g entsprechen – wenn nicht: Dreisatz anwenden!).

Darm am Ende mit Wurstgarn zubinden, Luft ausstreichen. Offenes Ende über den Trichter ziehen. Wurstmasse in den Trichter geben und mit dem asiatischen Essstäbchen nachstopfen, so dass sich der Darm locker füllt ohne prall oder gespannt zu sein. Darauf achten, dass keine Luft in den Darm gelangt! Darm nach Füllung auch am anderen Ende abbinden. Nun Würste in gewünschter Länge mit jeweils 2 Knoten knapp hintereinander abbinden. Es sind 2 Knoten erforderlich, damit man nach dem Brühen die Würste trennen kann, ohne dass sie aufgehen. Die Würste eine Stunde bei 71-75°C brühen, danach in Eiswasser auf ca. 3°C abkühlen. Der frische black pudding ist im Kühlschrank 2-3 Tage haltbar, sofort eingeschweißt ca. 1 Woche, eingefroren bei -20°C etwa ein Jahr.

Servieren: Gern mit pochierten Eiern oder Spiegelei und Toast: Pelle entfernen, in Scheiben schneiden und in Schmalz auf beiden Seiten bei hoher Hitze schnell knusprig braten. Sofort servieren. Oder als Teil eines full (british) breakfast.

Zander-Loins, Erbspurrée, Chantenay Möhren

Die ersten frischen Erbsen erscheinen auf dem Markt, jung, fein, zuckrig und knackig. Womit sie kombinieren? Der Klassiker „Erbsen und Möhren“? Uh – schauerliche Kindheitserinnerungen! Geht das besser? Sicher: Es kommt auf die Zutaten an. (Royal) Chantenay Möhren sind eine süße und zarte Sorte. Sie ist eine traditionelle französische Karotte, die im 18. Jahrhundert in der namensgebenden Region Chantenay (an der Loire)  gezüchtet wurde. Die Wurzel ist dick und kurz, keilförmig. Es ist eine der besten Möhrensorten und sehr zuckrig. Und sie ist der Fluch der Auszubildenden in der Küche (wie auch Perlzwiebeln). Die verflucht kleine Karotte von 2-3 cm Länge muss nicht geschält werden, sollte es aber.

Mir ging es darum Erbsen und Möhren in ein aktuelles Gericht zu verwandeln. Und dabei kam mir die Idee sie mit Zander zu kombinieren. Der Zander ist ein Süßwasserbarsch, der in ganz Nord- und Mitteleuropa bis hin zum Ural vorkommt. Der Zander ist ein Raubfisch – und das schmeckt man an seinem festen, weißen Fleisch. Er kommt in  klaren, schnell fließenden Flüssen ebenso vor, wie in Seen – aber auch im Brackwasser. Dabei kann er ( youtube zu Folge) gigantische Ausmasse erreichen (Fischergarn???). Egal – er ist lecker! Im Elsass serviert man ihn gern mit Sauerkraut. Was für ein Verbrechen! Der feine Geschmack dieses festfleischigen Fisches wird vom Kraut derart übertüncht, dass er kaum noch wahrnehmbar ist. Das Filet vom Zander ist extrem variabel in seiner Dicke. Daher würde ich für dieses Rezept nur die Loins herausschneiden und die flacheren Teile für quenelles de sandre verwenden.

Der Zander hat ein weißes, festes Fleisch, das schnell trocken wird. Aber er kommt im Regelfall mit seiner Haut daher. Deshalb gare ich ihn nur auf der Hautseite liegend und übergieße ihn immer wieder mit schäumender Butter (Süßrahm), bis die Haut knursprig und der Fisch saftig gar sind. Im Übrigen ist es wichtig knusprige (Zanderhaut, Kartoffelschlaufen) und zarte Bestandteile des Essens zu kombinieren. Für die Kartoffelschlaufen reibe ich eine mehlig-kochende Kartoffeln zu Gemüse-Spaghetti (z.B. Lafer Spiralschneider), mische sie mit Salz und Kartoffelstärke und backe sie in Butterschmalz aus. Man kann sie gut im Ofen bei 120°C warmhalten.

Auch für dieses Rezept kann ich keine Angaben in Maß und Zahl vorlegen – es passierte einfach… .

Zubereitung:
Zander nur und ausschließlich in Butterschmalz auf der Hautseite braten. Dann auf einem Bett von fein geschnittenem, in Butter braisiertem Fenchel anrichten. Erbspurrée und karamelisierte Chantenay Möhren zugeben und mit Erbspargel und in Butter gebackenen Kartoffelschlaufen garnieren.

 

Grüne Tomate, Büffelmozarella, Spargel

Es ist Mitte Juni und die ersten aromatischen Tomaten erscheinen auf dem Markt – und der letzte Spargel. Draußen ist es warm, das Wetter ist schön. Dem können wir mit einem leichten Salat Rechnung tragen und beide Zutaten mit Büffelmozarella kombinieren. Dazu knusprig geröstetes Brot oder Baguette und ein nicht zu schlanker Weißwein… . Das geht schon ganz gut auf Terrasse oder Balkon.

Die Tomate ist ein demütiges Gemüse aus der Gattung der Nachtschattengewächse und kommt ursprünglich aus Mittel- und Südamerika. „Tomatl“ bedeutet in der Sprache der Mayas so etwas, wie „dickes Wasser“ und eine Zeit lang hatte man das Gefühl, dass die Züchter diese Bezeichnung buchstäblich nehmen wollten. Gottseidank sind diese Zeiten vorbei und die Tomaten wieder aromatisch. Das Tomatenbrot war ein Klassiker meiner Großmutter. Brot, Butter, Tomatenscheiben, Salz – mehr nicht. Manchmal sind es die einfachen Dinge im Leben, die großen Spaß machen. Aber eine gute Tomate war dafür genauso essentiell, wie gute Butter.

Nachtschattengewächse verfügen über ein ganze Bataillon an Alkaloiden und Steranen. Viele sind daher, wie die Kartoffel, roh nicht genießbar. In rohen Kartoffeln ist das giftige Solanin enthalten – in unreifen Tomaten das verwandte und nicht weniger giftige Tomatin. Die gute Nachricht: Es verschwindet mit dem Reifen (oder, wie bei der Kartoffel mit dem Kochen). Alkaloid ist übrigens dem arabischen Wort „al qualja“ für Pflanzenasche entlehnt. Manche Alkaloide finden wir einfach scharf und sehr wenig giftig, wie Piperin im Pfeffer, und manche werden von Agatha Christie und anderen Kriminalautoren mörderisch effektiv  verwendet, wie Strychnin. Bei der unreifen Tomate reichen etwa 80g für die ersten Vergiftungssymptome. Die tödliche Dosis liegt theoretisch zwischen 1 und 4 kg – theoretisch deshalb, weil es bislang keinen dokumentierten Todesfall durch unreife Tomaten gab.

Nun gut – in dem Film „Grüne Tomaten“ kommt es natürlich zu mindestens einem Todesfall – aber der geht nicht auf das Konto der Tomaten. Der Film von Jon Avent aus dem Jahr 1991 geht auf das gleichnamige Buch von Fannie Flagg „Fried Green Tomatoes at the Whistle Stop Cafe“ von 1987 zurück. Es  ist ein bezauberndes Buch. Und ein unterhaltsamer Film (selbst für Männer). Die Besetzung ist unglaublich gut. Und die (ursprünglich britische) Schauspielerin Jessica Tandy (Miss Daisy und ihr Chauffeur) ist, wie so oft, brilliant. Der Film (wie auch das Buch) verknüpft zwei Epochen in den Südstaaten und beschäftigt sich mit vielen gesellschaftlichen Themen. Dabei spielen für mich die Freundschaften der Geschichte eine ebenso wesentliche Rolle, wie das individuelle Rechtsempfinden. Das gipfelt meiner Meinung nach darin, dass der Pastor auf eine Ausgabe von Moby Dick in einem Bibeleinband vor Gericht schwört – um gerecht zu bleiben und keinen Meineid zu begehen. Der Film ist mehr als 25 Jahre alt, aber die Themen sind immer noch brandaktuell. Hier sieht man die urbanen Grundlagen, die in die Wahl des aktuellen Amerikanischen Präsidenten münden. Die unreifen Tomaten werden im Whistle Stop Cafe in einem Ausbackteig aus Maismehl gewendet und in Schweineschmalz ausgebacken. Das giftige Tomatin wird durch die Hitze überwiegend zerstört. Doch darum geht es in unserem Rezept gar nicht.

Doch gibt es auch sehr aromatische Tomatensorten, die immer grün bleiben. Tomaten kommen übrigens sehr farbenfroh daher: weiß, gelb, orange, rot, rosa, violett, grün, braun und schwarz – zudem getigert. In Europa werden sie erstmals im 16. Jahrhundert erwähnt – jedoch dauerte es bis zum 19. Jahrhundert sie als Lebensmittel zu entdecken. Tomaten sollten übrigens nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden, da eine Temperatur unter 12°C die Bildung wichtiger, flüchtiger Geschmacksstoffe verhindert. Und da diese Stoffe eben flüchtig sind, verliert die Kühlschranktomate mit der Zeit Aroma.

Ein Rezept für diesen Doppelsalat gibt es nicht in Maß und Zahl.

Zubereitung:
Grünen Spargel in mundgrechte Stücke schneiden. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Spargelstücke kurz bei hoher Hitze braten, dann in eine Schüssel geben. Scheiben von San Marzano Tomaten, Salz, Pfeffer, gehackte Petersilie und Olivenöl zugeben, mit den Händen vermischen und beiseite stellen.

Mozarella di Buffalo Campana AOC abtropfen lassen und in dünnen Scheiben auf einem Teller anrichten. Salzen (z.B. Murray River Salt Flakes). Grüne Tomaten in sehr dünnen Scheiben darauf anrichten. Ebenfalls salzen. Eingelegte, getrocknete Tomaten in feinste Streifen schneiden und darüber streuen. Gehacktes Basilikum und feine Rucolablätter (am besten von der eigenen Dachterasse) darüber anrichten. Spargelsalat daneben anrichten und mit gehobeltem Parmesan krönen. Alles noch mal mit sehr guten Olivenöl beträufeln und mit Tropfen von Aceto balsamico tradizionale Modena abschmecken. Hier ist das Orignal unbedingt nötig. Die Flasche ist kaum unter 20 € zu bekommen und das Verfahren eben traditionell: Etliche Stunden konzentrierter Traubenmost gibt dem Endprodukt seine sirupartige Konsistenz und einen himmlichen Geschmack.

 

Schweinsohren-Salat mit Passionsfrucht-Dressing

Nein, es handelt sich hierbei nicht um das Blätterteiggebäck. Schweinsohren sind hier wörtlich zu nehmen. Innereien sind mir nicht fremd – einige, wie Kalbsbries, liebe ich sogar sehr. Aber „Äußereien“? So habe ich die Schweineohren beim Metzger immer mit einem gewissen Argwohn betrachtet (die Schnauzen übrigens auch). Doch ist es noch gar nicht so lange her, dass man einfach alles von einem Schlachttier verwendet hat. Not macht erfinderisch – und so lernten unsere Vorfahren einfach alles zuzubereiten. Und dieser Trend, der in England und Amerika nose-to-tail eating genannt wird, zieht auch wieder in unsere Küche ein. Ein gewichtiger Vertreter in der Deutschen Küche ist in dieser Hinsicht schon lange Vincent Klink. Nun steht es außer Frage, dass man von der Nase bis zum Schwanz (fast) alles an einem Tier essen kann – die Frage ist nur: Schmeckt es auch?

Schweinsohren begegneten mir zuerst in dem wundervollen Kochbuch „Odd Bits“ von Jennifer McLagan. Die australisch-kanadisch-französische Köchin geht darin der Frage nach, wie man den „Rest des Tieres kocht“. Mit „Rest“ meint sie leicht provozierend alles, was übrig bleibt, wenn man die Steaks herausgetrennt hat. Etwas beunruhigt habe ich gelesen, dass es bei den Schweinsohren mehr um die Textur, als um den Geschmack gehe. Also, mir geht es meist um beides. Bei rohen Austern mag ich zum Beispiel den Geschmack, aber die Textur nicht. Da ist sozusagen die untere Textur-Grenze meines Geschmacks erreicht. Geschmack und Textur bedürfen einer gewissen Harmonie. Bei Gerichten sollten sich die Texturen ergänzen. Und bei den Schweinsohren? Da stehen der Knorpel und die Schwarte im Kontrast. Spätestens an dieser Stelle dürften sich manche Leser schütteln.

Dabei sind Schweinsohren weder eine Delikatesse, noch eine seltene Zutat auf der Welt. In den chinesischen Küchen praktiziert man nose-to-tail seit mehreren Tausend Jahren. Hier ist der Link zu „Sichuan red oil pig ear salad“ von Elaine Luo, deren Blog ich gern lese.  Auch in Thailand sind Schweinsohren nichts Besonderes. Aber so weit muss man gar nicht um die Welt gehen: In Spanien gibt es sie als Tapas, gekocht und in Eintöpfen. Das klingt jetzt so, als hätte ich das alles vorher sorgfältig recherchiert. Dem ist allerdings nicht so: Ich sah die Ohren beim Metzger, nahm meinen ganzen Mut zusammen und die Ohren dann mit. Zwei Stück zusammen etwa 500g. Und dann dachte ich, zu Hause wird mir schon was damit einfallen. Dann begann ich zu recherchieren. April Bloomfields Rezept verwarf ich aufgrund des Aufwandes – sie gart die Ohren langsam, wie ein Confit, bedeckt in Entenfett. Jennifer McLagan siedet die Ohren langsam 2 Stunden in einer Court Bouillon. Das fand ich gut. Hier also erst mal das Ausgangsrezept für gekochte Schweinsohren:

Zutaten:
ca. 500g Schweinsohren, gut gesäubert und ggf. nach-rasiert (mit einen Einmalrasier…)
1,5 L Wasser
1-2 EL Salz (die Brühe muss recht salzig schmecken)
2 Karotten in Scheiben
1 Zwiebel mit Schale, geviertelt
3 EL Knollensellerie gewürfelt
1 Bund Petersilie
1 Lorbeerblatt
2 TL Piment
1 EL schwarze Pefferkörner
4 Nelken
2 TL Majoran gerebbelt

Zubereitung:
Schweinsohren unter kaltem Wasser abbrausen, gut reinigen, dazu ggf. den Gehörgang aufschneiden, ggf. noch vorhandene Haare mit Hilfe eines Einmalrasierers sorgfältig (!) entfernen. (Haare stören den späteren Genuss.) Wasser, Gemüse und Gewürze kalt aufsetzten, zum Kochen bringen und 10 Minuten köcheln lassen. Dann Schweinsohren zugeben und aufkochen lassen. Hitze nun auf ein Minimum reduzieren und die Ohren 1,5 bis 2 Stunden gar sieden lassen. Die Ohren sind gar, wenn man sie unproblematisch mit einer Gabel durchstechen kann. Die Ohren in der Bouillon auskühlen lassen, dann heraus nehmen, in einen ausreichend großen Gefrierbeutel geben. Die Luft aus dem Gefrierbeutel ausdrücken und diesen verschließen und über Nacht beschwert im Kühlschrank aufbewahren.

Der Salat muss den fettig ausgebackenen Schweinsohren gut entgegen stehen können. Daher benötigt er Bitterkeit, Frucht und Säure. Trotzdem sollte er den Geschmack der Öhrchen nicht überdecken – aber wie schmecken den die Öhrchen nun? Bevor ich mich an die weitere Entwicklung des Salats machte, habe ich eine kleine Portion in heißem Schmalz knusprig gebraten und mit Salzblüte bestreut und dann warm gegessen. Ein dezenter Schweinegeschmack mit würzigem Geschmack der Court Bouillon. Außen knusprig, dann weich, dann das Gefühl ein dünnes Stück Weichplastik durchbissen zu haben. Der dünne Knorpel ist auch nach 2 Stunden Garzeit nicht besonders zart. Der Kontrast der Texturen ist sehr deutlich.

Zutaten Salat für 2 Personen:
2 Schikoree
1 Pink Grapefruit
2 Hände Rucola
Kresse und Kerbel zum Garnieren

Für das Dressing:
2 EL fruchtiges Olivenöl
1 EL Zitronensaft
2 TL Tessiner Birnensenfsauce
Fruchtfleisch und Kerne einer Passionsfrucht
Salz
Pfeffer

Für die gebratenen Schweinsohren:
200-250g gekochte Schweinsohren (ca. 1 Ohr) in feinen Streifen
1 EL Mehl, 1 Gefrierbeutel
2 EL Schweineschmalz
1 EL Butterschmalz
1 Spritzschutz (wird nicht gegessen, ist aber sehr wichtig)
Salz

Zubereitung:
Grapefruit filetieren. Salat wachen und trocknen. Die Zutaten für das Dressing in einem Glas verrühren, bis es eine dickliche Konsistenz aufweist. Den Salat auf Tellern anrichten und kühl stellen. Das Fett in einer Pfanne erhitzen. Das Mehl und die Schweinsohren in feinen Streifen in den Gefrierbeutel geben, ein wenig Luft hineinblasen, zudrehen und schütteln, so dass alle Stücke gleichmäßig mit Mehl bestäubt werden. Überschüssiges Mehl abschütteln. Ohrenstreifen in das heiße Fett geben und sofort den Spritzschutz über die Pfanne legen. Nach kurzer Zeit bricht in der Pfanne die Hölle los, wenn die dann flüssige Gallerte auf das heiße Fett trifft: Es klingt, als würden die Streifen explodieren und Fett spritzt. Daher: Bitte dieses Rezept nicht ohne Spritzschutz ausprobieren! Streifen einmal vorsichtig wenden. Wenn sie goldbraun und knusprig sind, aus der Pfanne nehmen und auf Küchenkrepp entfetten und mit Salz betreuen. Salat nun mit dem Dressing übergießen und die noch warmen Ohrenstreifen darauf anrichten. Mit Kräutern und frisch gemahlenem Pfeffer garnieren.

Dazu passt ein Gewürztraminer aus dem Elsaß oder ein hopfenstarkes India Pale Ale (IPA) Bier – und geröstetes Weißbrot.

Und mein Fazit? Geschmacklich ausgesprochen gut! Die ausgebackenen Ohrenstreifen ergänzen sich mit den leicht bitteren Salaten und der Grapefrucht wunderschön. Das Dressing fügt sich mit Säure, Süße, dem Senf, vor allem aber mit der Fruchtigkeit der Passionsfrucht sehr schön ein. Wäre da nicht das Gefühl immer wieder dünne Weichplastikscheiben im Essen zu haben… . Was Textur angeht, so bin ich hier an das obere Ende meiner Toleranz gekommen. Der Knorpel stört mich. Fazit: Schweinsohren kann man essen – muss man aber nicht… . Das zweite Ohr habe ich erst mal eingefroren – bis ich es für Gäste verwenden kann 😉